Interpretation II


Interpretation des Gedichtes "Wortwaffen"

von Anna H., Jahrgangsstufe 10,

Edith-Stein-Schule, Darmstadt,

Mai 2015


 

 

Wortwaffen

 

Wenn all die geweinten Tränen

auf den Wangen derer,

die von Worten verletzt wurden

als Fluss auftauchen würden?

 

Wenn Wortwaffengedanken,

die einen Menschen töten wollen,

auf andere überspringend  hörbar würden?

 

Wenn man alles sehen könnte,

was in den Köpfen gedacht wird?

Dann wünschte hoffentlich jemand,

Wortwaffen würden schweigen -

 

Augen und Ohren

träumen dann vom Wortfrieden

im Tal der EDENfantasie

 

(c) Birgitta Zörner

 

In unserer heutigen Gesellschaft wir immer häufiger

das Wort "MOBBEN" benutzt.

Schon Kinder werden durch Taten oder Worte fertiggemacht.

Ein hierzu passendes Gedicht ist das 2015 von Birgitta Zörner

verfasste Werk "Wortwaffen".

 

Das Gedichte besteht aus vier Strophen,

wobei die erste und dritte Strophe aus vier Versen bestehen ,

die zweite und vierte Strophe aus nur drei Versen.

Es ist kein Reimschema zu erkennen;

die ersten drei Strophen beginnen jedoch alle mit der Konjunktion "Wenn"

- es liegt also eine Anapher vor.

Auch finden sich mehrere Metaphern und Neologismen in dem Werk wieder.

 

Das Gedichte beginnt mit einer rhetorischen Frage,

die erst in der dritten Strophe beantwortet wird.

Hier wird die Frage gestellt, was geschähe, wenn die Tränen all jener,

die mit Worten verletzt wurden, als Fluss auftauchen würden.

Die Metapher des Flusses verdeutlicht hier die Menge der Verletzungen,

die jemand erlitten hat. Alle Tränen sammeln sich und werden zu einem Fluss,

dem man weder entkommen noch beherrschen kann.

Wie auch ein Fluss unaufhaltsam seinem Ziel entgegenfließt,

so sammeln sich auch irgendwann die Tränen an und ergießen sich.

Einzelne Verletzungen und böse Bemerkungen anderer summieren sich an

und werde - Tropfen für Tropfen - zu einem Fluss,

der irgendwann nicht mehr zurückzuhalten ist.

Man merkt vielleicht nicht einmal, wie sehr man Menschen mit Worten

verletzten kann, bis alles aus ihnen herausbricht.

 

Auch die zweite Strophe besteht aus einer rhetorischen Frage,

die sich damit auseinandersetzt, was wäre,

wenn alle bösen Gedanken von den Mitmenschen zu hören wären

und auf diese "überspringen".

Zur Beschreibung dieser Gedanken wird in Vers 7 auch das Vers "töten" genutzt

("...die einen Menschen töten wollen...")

"Töten" muss in diesem Zusammenhang meiner Meinung nach

nicht zwangsläufig wortwörtlich verstanden werden.

Vielleicht soll durch dieses krasse Wort auch ausgedrückt werden,

dass man durch Worte auch die Träume und Hoffnungen

von anderen Mitmenschen töten kann.

Durch zu viele negative Kommentare von anderen, vor allem von jenen,

denen man vertraut und die man liebt,

kann das Vertrauen in einem selbst zerstört werden.

Man kann den Glauben verlieren, verzweifeln und auch sich SELBST verlieren.

Es ist eben so , als ob alles Positive und alles Vertrauen und Glauben

"getötet" worden wäre.

 

Daran schließen auch die beiden ersten Verse der Strophe drei an,

die die letzte rhetorische  Frage des Gedichtes beinhalten.

Hier wird die Frage gestellt, was passieren würde,

wenn alles, was gedacht wird, sichtbar wäre.

Diese Frage so wie auch die vorangegangenen werden noch

in der gleichen Strophe beantwortet.

 

"Dann wünschte hoffentlich jemand,

Wortwaffen würden schweigen"

 

Hier kommt das Hoffen,

der Wunsch nach Veränderung zum Ausdruck.

Das Verletzten durch Worte soll endlich aufhören.

Doch durch die vorigen Fragen wir klar gemacht,

dass wir erst etwas ändern werden,

wenn es noch offensichtlicher wird,

wie Menschen verletzt werden.

Doch dafür müssen sich, wenn es nach Zörner ginge,

erst Flüsse aus Tränen bilden und wir die bösen Gedanken

unserer Mitmenschen hören.

 

Auch in der letzten Strophe wird ausgedrückt,

dass diese Gesellschaft bis jetzt nur ein Traum ist,

den sowohl Augen als auch Ohren teilen.

Wir wollen also nicht nur eine Veränderung

im Verhalten der Menschen hören,

sondern eben auch mit unseren Augen wahrnehme.

Für diesen Traumzustand fällt hier das Wort "Wortfrieden" (V.14)

ein Neologismus, was als starker Gegensatz zum zuvor

gebrauchten Wort "Wortwaffen" (V.12) steht.

Beide Worte lassen an einen ständigen Krieg denke,

der endlich beendet werden solle.

Ein Frieden der Worte wird erhofft,

eine Welt ohne Beleidigungen oder falsche Versprechungen.

 

In der letzten Zeile findet sich ein weiterer Neologismus

"EDENfantasie", wobei durch Majuskeln

der Fokus auf das Wort "EDEN" gelenkt wird.

Das Paradies - Eden - ist eben noch nicht erreicht und nur eine Fantasie,

ein wundervoller Traum.

Die Metapher "Tal" in Vers 15  "im Tal der EDENfantasie"

kann man auf verschiedene Weisen verstehen,

man kann sich einerseits beschützt fühlen,

da Täler meist von hohen Bergen begrenzt sind.

Allerdings kann man ein Tal auch als Metapher

für einen Tiefpunkt im Leben auffassen.

 

Das Gedicht drückt ausdrucksstark aus,

das man Menschen durch falsche Worte verletzten kann

und Worte als Waffen fungieren können.

Natürlich ist es nicht leicht, an seinen Gedanken etwas zu ändern,

viele Vorurteile werden von der Gesellschaft sehr früh vorgeschrieben

und es ist schwer, sich seine eigene Meinung zu bilden.

Vor allem aber ist es wichtig,

jeden Menschen so anzunehmen,

wie er ist und ihn zu akzeptieren.

Wir müssen vorsichtig mit unseren Worten umgehen,

denn diese können schneller zu Waffen werden,

als wir vielleicht denken.

 

Interpretin: (c) Anna H.